Berichte

fem:POWER Mai 2019

KOLLEKTIV. FEMINISMUS. GESTALTEN.

fem:POWER ist eine Plattform für Empowerment, Vernetzung und Austausch von Frauen* aus unterschiedlichen Professionen, Alters- und Lebensphasen. Wir im kreativ verfolgen das Ziel, feministische Diskursfelder bzw. Theorie und Praxis zusammenzubringen, um Veranstaltungsformate zu entwickeln, in denen feministisch gedacht, Rollenbilder hinterfragt und empowernde Skills entwickelt werden. Feminismus ist und bleibt relevant! Wir wollenpatriarchalische Strukturen aufbrechen und den gesellschaftlichen Wandel aktiv gestalten. Im Mai 2019 sind aufgrund des Engagements von Lisa Preller und Mariannen Hamm drei Veranstaltungen bzw. Workshops zum Thema Sexualität und Lust konzeptioniert worden.

Vortrag & Film „PorYes“
9. Mai // 20 bis 22 Uhr // cine K

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem cine K in der Kulturetage statt und war mit dreiundsechzig Zuschauer*innen nahezu ausverkauft. Zunächst wurde der Film und Vortrag im kleinen Kinosaal (max. fünfundvierzig Plätze), dem „Muvi“, angekündigt. Aufgrund der starken Vorverkaufszahlen haben wir am Veranstaltungstag entschieden, das Programm in den größeren Theatersaal, das „Studio“, zu verlegen.

Die Referentin Ulla „Lexi“ Heinrich ist Repräsentantin und Initiatorin des „PorYes“ Awards. Dieser feministische Porno-Filmpreis setzt einen Kontrapunkt zur sexistischen Mainstream-Pornografie und wird seit 2009 in Berlin verliehen. Es werden Filme bzw. Regisseur*innen ausgezeichnet, die für eine positive Darstellung von Sexualität und vielfältige Ausdrucksweisen einstehen sowie klischeehafte und diskriminierende Repräsentationen ablehnen. Eine sexpositive Frauenbewegung ermutigt zur Auseinandersetzung mit der eigenen Lust und zur Wertschätzung des (eigenen und anderen) Körpers.

Der Referentin ist es gelungen, einen Raum zu schaffen, innerhalb dessen die Besucher*innen – trotz der vermeintlichen Intimität des verhandelten Themas – ein kollektives Pornoscreening sowie den Austausch und eine Diskussion über Sexualität nicht als unangenehm empfanden. Immer wieder forderte Lexi das Publikum auf, Fragen zu stellen und die gezeigten Filmclips zu reflektieren, aber auch das Kino kurzzeitig zu verlassen, sollten die Themen individuelle Befindlichkeiten überschreiten. Am Ende der Veranstaltung ist deutlich geworden, inwiefern Mainstream-Pornos ein patriarchales Geschlechterverhältnis reproduzieren und mit welchen Konzepten die feministische Pornografie diese aufzubrechen gesucht.

Workshop „Pleasure Up“
16. Mai // 18 bis 21 Uhr // kreativ:LABOR

Der Workshop wurde von Lisa vor dem Hintergrund ihrer Ausbildung als Sexualwissenschaftlerin konzeptioniert und moderiert. Darüber hinaus bietet sie ähnliche Formate im Rahmen ihrer Selbstständigkeit unter Sexuelle Bildung NordWest an. Das Ziel der Veranstaltung sollte sein, Möglichkeiten für alltägliche Genuss- und Lustzonen zu entdecken sowie darauf aufbauend Visionen für das eigene Sexualleben zu entwickeln, indem die eigene (sinnliche) Wahrnehmung und Intuition gestärkt wird. Mit einfachen Übungen zur Selbstreflexion und diversen Anregungen und Ideen konnte

Lisa erfolgreich dazu anleiten, der eigenen Sinnlichkeit und „Self-Care“ mehr Raum im Alltag zu geben. Das Feedback der Teilnehmenden war durchweg positiv; konstruktive Rückmeldungen und Vorschläge werden zukünftige Formate bereichern.

Insgesamt haben einundzwanzig Personen am Workshop partizipiert und durchschnittlich einen Beitrag über 8 Euro gespendet. Lisa und ihre Teilnehmer*innen empfanden die Stimmung zwar als angenehm und produktiv, doch habe eine große Runde weniger zur Diskussion und zum Austausch eingeladen, anstelle sich individuell bzw. nur mit sich selbst zu beschäftigen. Die Erfahrung hat ergeben, dass eine mehr oder minder verbindlich Anmeldung per Mail die Anzahl zwar regulieren kann, aber viele Teilnehmer*innen dennoch spontan auftauchen.

Eine neue Erfahrung hingegen mussten nicht nur wir, sondern auch viele Teilnehmer*innen aushalten: In unserem Verständnis von fem:POWER stellen die Veranstaltungen eine Plattform und einen Möglichkeitsraum für Frauen* bereit, Bedürfnisse und Diskurse einzubringen, sind aber auch für Männer* als Teilnehmende geöffnet. Aufgrund eines Mannes mit besonders dominantem Redeverhalten fühlten sich manche Teilnehmerinnen weniger wohl, aber auch in ihrer Rolle unsicher, das Ungleichgewicht aufzubrechen. Wie gehen wir mit Menschen um, die überproportional viel Aufmerksamkeit im Workshop einfordern? – oder diesen gar stören? Es gilt Strategien zu entwickeln, um in heiklen oder grenzüberschreitenden Situationen eingreifen zu können.

Nachmittagscafé und Werkelshop // „Clit & Cake“
19. Mai // 16 bis 19 Uhr // kreativ:LABOR

Die Veranstaltung wurde als offenes Nachmittagscafé inkl. Werkelshop angekündigt – soll heißen, dass an unterschiedlichen Kreativstationen ein Wissen über den weiblichen Körper generiert sowie über Sexualität und Lust im Allgemeinen diskutiert werden sollte. Marianne und Lisa haben insgesamt acht Stationen konzeptioniert und vereinzelt betreut: (1) eine Leseecke mit Literatur zum Thema Sexualität und Lust, aber auch grundlegende Werke über Feminismus im Allgemeinen; (2) eine Malstation mit genitale Vorlagen zum kolorieren (3) ein Yoni-Talk zur Auseinandersetzung mit derFrage „Was würde ich sagen, wenn ich sprechen könnte?“; (4) eine Station zum plastischen Gestalteneiner Vulva mittels selbsthärtender Knetmasse, nach dem Motto „Die Variant ist enorm!“; (5) eineAnatomiestation, welche über Klitoris, G-Punkt und Co. aufklärte; (6) eine „Fotosafari“ vonAlltagsgegenständen, welche wie Vulven aussehen; (7) ein Board, an welchem alternative bzw. andere Bezeichnungen für Vulva und Vagina gesammelt wurden; und (8) ein so genanntes„Moodboard“, wo Besucher*innen Ideen, Wünsche, Inspirationen, Hinweise etc. mit anderen teilen konnten.

Durch die verschiedenen Stationen ist es möglich gewesen, die Stimmung zu lockern und mit völlig fremden Menschen über die bereitgestellten Themen ins Gespräch zu kommen. Das kollektive Werkeln regte nicht nur zum Plaudern, sondern auch zur Diskussion über weibliche Bedürfnisse und zum Austausch über Erfahrungen an. Kreativstationen seien eine prima Möglichkeit, mit den Menschen bzw. Teilnehmenden unmittelbar in Kontakt zu treten, reflektierte die Workshopleiterin Lisa im Anschluss an den Nachmittag.

Insgesamt besuchten etwa dreiundzwanzig Personen den Werkelshop bzw. das Nachmittagscafé. Im Durchschnitt verweilten diese mindestens eine Stunde. Positiv aufgefallen ist, dass die Anwesenden unterschiedlichen Alters waren, sodass generationsübergreifende Ansichten die Gespräche und Diskussionen bereicherten. In dem Zusammenhang wurde uns gespiegelt, dass fem:POWER in der kollektiven (Veranstaltungs-)Wahrnehmung präsent zu sein scheint: Die Teilnehmenden hätten sowohl über digitale Netzwerke, wie Facebook und Instagram, als auch über den fem:POWER Flyer oder Zeitungsanzeigen von dem Format bzw. dem Angebot erfahren.

Obwohl die Besucher*innenzahl geringer als erwartet ausfiel, nahmen die Workshopleiterinnen Lisa und Marianne keine Lehre im Raum, sondern vielmehr eine kontemplative Stimmung wahr. In jeder Beziehung ist der Nachmittag nicht als konsumorientiertes Event im klassischen Sinne konzeptioniert worden, sodass es uns umso mehr gefreut hat, dass sich die Spendenbereitschaft für Kuchen und Material auf 51,50 Euro summiert hat, um die Kosten für Kuchen und Getränke weitestgehend abzudecken.

Wir sind uns einig, dass insbesondere das Format eines Werkelshops – welches flexibel auf spezifische Diskurse bezogen oder unter einer bestimmten Fragestellung angeboten werden kann –eine fruchtbare Plattform für Austausch und Vernetzung von Frauen* unterschiedlicher Generationen und verschiedener Professionen in und um Oldenburg bereithält.

Wie kann es weiter gehen?

In der Nachbesprechung ist die Idee eines offenen fem:TISCHs gewachsen, in dessen Rahmen Bedürfnisse vorgetragen, Wünsche formuliert und letztendlich Veranstaltungsformate konzeptioniert werden sollen. Im kreativ:LABOR wird es darum gehen, einen entsprechenden Antrag zu formulieren, um das Projekt für einen längeren Zeitraum zu sichern. In dem Zusammenhang sind zwei Fragen fundamental: (1) Wie kann eine methodisches Konzept aussehen, welches Frauen* ermächtigt und ermutigt, fem:POWER aktiv mitzugestalten? und (2) Wie kann fem:POWER weiterentwickelt werden, um Menschen – jenseits der akademischen Blase in Oldenburg – für feministische Diskurse zu begeistern?

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